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Lieder vom Staub der Straße - Ungarisches Ensemble Kalyi Jag gastierte im Bennohaus

Bennohaus
Nicht Geige und Cimbal, sondern Mundbass, Fußstampfen, Kannen- und Löffelschlagen sowie der ausdrucksvolle Gesang prägen die Musik der vierköpfigen Gruppe Kalyi Jag (Schwarzes Feuer) aus Ungarn, die sich selbst voller Stolz als "czigany" bezeichnen. Ihre Lieder haben so gar nichts mit den romantisierenden Vorstellungen von "Zigeunermusik" zu tun; vielmehr sind es Lieder ihres Volkes vom Staub der Straße, von der Erfahrung des Ausgestoßen- und Vertriebenenseins, aber auch von der ewigen Anziehungskraft der Geschlechter - Lieder, deren schwermütige Kraft und Energie unter die Haut geht.
Am vergangenen Freitag im Bennohaus hatten die "authentischen Zigeuner" zum Auftakt der interkulturellen Wochen nach sieben Jahren ihren zweiten Auftritt in Münster. (durchgeführt vom FOLK-TREFF Münster e.V. und der Gesellschaft für bedrohte Völker e.V.). Gründer und Leiter des Ensembles ist Gustav Varga, der einer Roma-Familie im ostungarischen Bezirk Szabolcs Szatmar entstammt. 1977 gründete er mit anderen jungen Roma, die autodidaktische Instrumente erlernt hatten, die "Zigeuner-Kultur-Kapelle", um ihre heimatlichen Lieder zu singen. Eines Tages wurden sie von der Vorsitzenden der Ungarischen Zigeunervereinigung, Agnes Daroczi, gehört und anschließend gefördert. Im September 1978 gründete sich dann Kalyi Jag, benannt nach einem Vers von Karoly Bari, dem berühmtesten zeitgenössischen Roma-Dichter in Ungarn: "In meinem Herzen brennt ein schwarzes Feuer, ich spreche für Euch die Nacht aus!" Heute ist Kalyi Jag, die innerhalb weniger Jahre eine feste Größe in der ungarischen Musikszene wurde und noch heute mehrere tausend Menschen zu ihren Konzerten zieht, weit mehr als ein Musikensemble, das traditionelle Musik sammelt und spielt. Mit ihrer Arbeit sind sie zum Kulminationspunkt für Roma-Identität und Lebensform in Ungarn und weit darüber hinaus geworden.

Westfälische Nachrichten, 23. September 1996

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